Die Geschichte Otterstadts

1400

Dorf- und Gerichtsverfassung, Gemeindewappen und -siegel

Das Speyerer Stift St. Guido war Grundherr und übte die (niedere) Gerichtsbarkeit aus. Es setzte den Vogt oder Faut (meist ein Stiftskanoniker mit juristischer Bildung) als Verwaltungsbeamten mit richterlicher und polizeilicher Gewalt und den Keller als Einnehmer und Verwalter der Naturalabgaben ein.

Quelle: Wikipedia
Der Schultheiß (Spätmittelalterliche Darstellung)

Daneben wurde von den Stiftsherren aus den Otterstadter Bürgern eine Dorfregierung mit dem für die Rechtswahrung und -pflege zuständigen Schultheißen an der Spitze gewählt, dem sechs Gerichtsmänner oder Schöffen zur Seite standen. Schultheiß und Schöffen, die sich jeweils seit dem frühen 15. Jahrhundert nachweisen lassen, bildeten zusammen das Dorfgericht, das einerseits Verwaltungsaufgaben, andererseits richterliche Funktionen sowohl in der niederen Gerichtsbarkeit (z. B. bei Streitigkeiten unter den Dorfeinwohnern, Vergehen und Übertretungen, Freveln etc.) als auch notarielle Akte der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (insbesondere Testamente, Besitzwechsel, Heiratsverträge) ausübte.

Daneben tagte mehrmals im Jahr ein sogenanntes Vollgericht im Rathaus oder im Haus des Schultheißen. An ihm nahmen von Seiten des Grundherrn der Vogt oder Faut, der Keller, oft auch einige Stiftskanoniker von St. Guido, von Seiten der Dorfgemeinde der Schultheiß, die Schöffen und die Bürger von Otterstadt, die alle hierzu verpflichtet waren, teil. Neben den gerichtlichen Aufgaben gehörte auch die Amtseinführung und Vereidigung des von den Stiftsherren gewählten Schultheißen zu den Aufgaben des Vollgerichts. Der Schultheiß leistete seinen Amtseid dem Bischof als Landesherrn und dem St. Guidostift, danach musste auch die Gemeinde ihm Gehorsam schwören. Für Strafen an Leib und Leben (die hohe Gerichtsbarkeit) war dagegen das Hochgericht des bischöflich-speyerischen Landesherrn zuständig.

Quelle: Landesarchiv Speyer
Titelblatt des Otterstadter Gerichtsbuchs (1592 bis 1684).

Ein des Lesens und Schreibens kundiger Einwohner des Dorfes, der Gerichtsschreiber, führte das Protokoll der Gerichtsverhandlungen und trug es in das Protokoll- oder Gerichtsbuch ein. Im Landesarchiv Speyer (Best. F 5 Nr. 45 a) wird ein Gerichtsbuch von Otterstadt, dessen Laufzeit sich von 1592 bis 1684 erstreckt, als ergiebige Quelle zur Dorf- und Gerichtsverfassung und zur Rechtsgeschichte des Ortes verwahrt. In ihm sind Weistümer von 1592 und 1684 enthalten.

Für die Eintreibung der Abgaben an Geld und Naturalien von den Dorfeinwohnern und die Weiterleitung der Einnahmen an das Stift St. Guido waren die von diesem eingesetzten beiden Dorf- oder Bürgermeister zuständig. Der Dorfobrigkeit diente der Büttel (auch Pedell oder „Hamberger“, von Heimbürge) als Amtsdiener mit einem umfangreichen Aufgabenfeld (u. a. war er Amtsbote, Abgabeneintreiber, Vollstreckungsbeamter, Gerichtsvollzieher und Exekutionsbeamter bei Freiheits- und Lebensstrafen).

Quelle: Debus, Großes Wappenbuch der Pfalz; Gemeindearchiv Otterstadt.
Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewappens und -siegels.

Das heute geführte Gemeindewappen von Otterstadt wurde am 9. Juli 1951 genehmigt und wird wie folgt beschrieben: In Silber ein blaues Gemarkungszeichen in Form eines Ringes, an den drei V-artige Winkel in gleichen Abständen so angesetzt sind, dass deren Innenspitzen den Außenrand des Ringes decken. Das Gemarkungszeichen ist in den Farben des Hochstifts Speyer wiedergegeben, das in Otterstadt die Ortsherrschaft ausübte.

Es ersetzte ein älteres, in Anlehnung an ein Gerichtssiegel aus dem 15. Jahrhundert mit der Umschrift „s(igillum) sanctus Remigius sanctus Vido“ gewohnheitsrechtlich geführtes Wappen. Dieses zeigt in Blau unter goldenem Baldachin wahrscheinlich den hl. Remigius als ältesten Kirchenpatron von Otterstadt – vielleicht aber auch den hl. Guido als Patron des Stifts, das in Otterstadt die Gerichtshoheit innehatte –, barhäuptig mit goldenem Nimbus, in silbernem Gewand, in der Rechten ein rotes Buch, in der Linken einen goldenen Krummstab haltend, zu Füßen ein goldener Schild, darin die schwarzen Minuskelbuchstaben ot in gotischer Fraktur.

Seit dem 3. Juli 1980 darf die Ortsgemeinde Otterstadt auch eine offizielle Flagge führen. Sie ist von Blau und Weiß und Blau im Verhältnis 1:5:1 gespalten bzw. geteilt und zeigt in Weiß das blaue Gemarkungszeichen aus dem Ortswappen.