Die Geschichte Otterstadts
Von der mit der Erstürmung der Pariser Bastille am 14. Juli 1789 einsetzenden Französischen Revolution, die unter dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ eine bessere Gesellschaftsordnung ohne adelige Vorrechte versprach, wurde bald auch die Pfalz erfasst. Bereits 1792 wurde Teile des linken Rheinufers von den Franzosen unter General Custine besetzt.
Nach einer unruhigen Zeit mit kriegerischen Auseinandersetzungen und wechselnden Besatzungen übernahm Frankreich im Frieden von Campo Formio 1797 die Herrschaft in diesem Gebiet.
Endgültig wurde das linksrheinische Gebiet nach der Machtübernahme Napoleons im Frieden von Lunéville 1801 Frankreich angeschlossen. Bis 1804 war es Teil der Ersten Französischen Republik, danach des Ersten Französischen Kaiserreichs unter Napoleon I.
Die Verwaltung in den linksrheinischen Gebieten wurde von dem 1797 ernannten Regierungs-Kommissär Franz Joseph Rudler organisiert. 1798 wurden sie in vier Departements eingeteilt. Otterstadt gehörte zum Departement Donnersberg mit dem Hauptort Mainz, das wiederum in vier Distrikte (Arrondissements) eingeteilt war.
Das Arrondissement Speyer umfasste elf Kantone. Nachdem sich Pläne, Otterstadt zum Sitz eines eigenen, nur wenige Gemeinden umfassenden Kantons zu machen, wegen zu großer Nähe zu Speyer und des Fehlens eines eigenen Verwaltungsgebäudes zerschlagen hatten, wurde der Ort dem Kanton Speyer zugeschlagen, der sich unter Einschluss Speyers aus zehn Gemeinden mit acht Bürgermeistereien zusammensetzte. Erster Präsident der Verwaltung dieses Kantons wurde der aus Waldsee gebürtige Otterstadter Pfarrer Christof Josef Ignaz.
Otterstadt bildete künftig eine Mairie (Gemeinde), an deren Spitze ein Munizipalagent, ab 1801 ein Maire, und als dessen Vertreter ein Adjunkt standen. Zu Beginn der französischen Zeit waren dies Josef Ackermann und Adam Lehr. Der Maire hatte den Vorsitz im Munizipalrat inne, der in der Nachfolge des alten Dorfgerichts über die politischen, finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten der Gemeinde beriet. 1802 hatte Otterstadt 415 Einwohner, 389 Katholiken und 26 Juden. Damals lebten keine Protestanten im Ort.
Hauptkennzeichen der französischen Behördenorganisationen waren die vollständige Trennung von Verwaltung und Justiz und die Einführung der „französischen Institutionen“ (z. B. Friedensgericht, Notariat, für Otterstadt jeweils in Speyer). Grundlage der Rechtsprechung wurde der „Code Napoléon“ (1804-1811). Er bestand aus fünf Gesetzbüchern, von denen der 1804 eingeführte „Code Civil“ linksrheinisch im Zivilrecht bis zur Einführung des BGB 1900 die Rechtsgrundlage blieb.
Durch französische Gesetze wurden 1798 alle früheren Gewalten, Steuern und Abgaben aufgehoben, die Zehnten und die herrschaftlichen Rechte auf Lehen- und Erbzinsgüter abgeschafft sowie die Leibeigenschaft und die auf den Gütern haftenden Dienstbarkeiten aufgehoben.
Da aber an die Stelle der Feudallasten die Besteuerung – durch direkte Steuern wie die Mobiliar-, Tür- und Fenstersteuer wie durch indirekte Steuern, insbesondere Verbrauchssteuern auf Tabak, Bier, Branntwein, Salz und Spielkarten – trat, blieb die Belastung der Bevölkerung hoch. 1806 wurde der zu Nationalgütern erklärte Besitz des St. Guidostifts in Otterstadt versteigert.
Nach der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 18. Oktober 1813 wurde das linke Rheinufer zu Beginn des folgenden Jahres durch die alliierten Truppen besetzt und übergangsweise unter die Verwaltung durch die „K. u. K. Österreichische und Kgl. Baierische gemeinsame Landesadministrationskommission“ mit Sitz zuerst in Kreuznach, seit Juni 1815 in Worms gestellt