Die Geschichte Otterstadts
Aufgrund der Beschlüsse des Wiener Kongresses gelangten die zunächst als „Rheinkreis“ (seit 1838 Kreis „Pfalz“) bezeichneten pfälzischen Lande auf dem linken Rheinufer mit Besitzergreifungspatent vom 30. April 1816 an das Königreich (seit 1918 Freistaat) Bayern, bei dem sie bis 1946 verblieben. Otterstadt gehörte zum Landkommissariat (seit 1862 Bezirksamt, seit 1939 Landkreis) Speyer. 1817 erhielt es das Recht zur Selbstverwaltung.
1830 wurden das alte Rathaus und das benachbarte Hirtenhaus am Lindenplatz abgerissen; die Gemeindeverwaltung zog in das 1827/28 erbaute Schul- und Rathaus um. Als auch dieses zu klein wurde, errichtete man 1844 gegenüber ein Schul- und Rathaus, das bis heute als Rathaus der Ortsgemeinde, seit kurzem auch als Bürgerbüro genutzt wird. An der Stelle des Hirtenhauses wurde 1835 am Lindenplatz das Wachthaus errichtet. Später als „Milchzentrale“ genutzt, dient es heute dem Gesangverein „Germania“ als Sängerheim.
Die Errichtung dieser Bauten hatte eine Verlagerung des Ortszentrums zur Folge. Nach dem Bau des Schul- und Rathauses wurde um 1830 die vorgelagerte Fläche als Schulgarten und Baumschule der Gemeinde angelegt. Diese wurden bei einem Besuch des späteren bayerischen Prinzregenten Luitpold im Jahre 1850 aufgelöst und der nun entstandene freie Platz Königsplatz genannt. Durch den Bau des zweiten Schul- und Rathauses 1843/44 und später die Errichtung der katholischen Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt 1889/91 entwickelte er sich zum neuen Dorfmittelpunkt und löste in dieser Funktion den Lindenplatz ab.
Da der Zuzug von Ortsfremden und das natürliche Wachstum unter bayerischer Herrschaft nicht mehr beschränkt wurde, ist das 19. Jahrhundert von steigenden Bevölkerungszahlen (1808: 531, 1836: 1057, 1903: 1454 Menschen) und infolgedessen von einer raschen Ausbreitung der bewohnten Fläche geprägt. Der Ort dehnte sich nun rascher in Richtung der beiden Hauptstraßenzüge – heutige Mannheimer und Speyerer Straße – sowie durch Neuanlage von Straßen in Nord-Süd-Richtung parallel zur Speyerer Straße auf der hochwasserfreien Niederterrasse aus. Vorherrschende Haus- und Hofform war in der Regel die des hakenförmig angelegten unvollständigen Dreiseithofes, die bis heute das Erscheinungsbild des Ortskerns bestimmt.
Im Badisch-Pfälzischen Aufstand von 1848/49 musste sich die Gemeinde auf Anordnung der Provisorischen Regierung der Pfalz im Mai und Juni 1849 an der Versorgung der Volkswehr mit Schuhwerk und Bekleidung beteiligen. Der Aufstand wurde durch von der bayerischen Regierung herbeigerufene preußische Soldaten niedergeschlagen; durch sie wurde am 21. Juni 1849 Georg Netter, Bürger und Waldschütz in Otterstadt, beim rechtsrheinischen Waghäusel standrechtlich erschossen.
1868 wurde die Freiwillige Feuerwehr Otterstadt gegründet, die somit seit über 150 Jahren bei Brand- und Unglücksfällen hilft und bis heute im Dorfleben eine wichtige Rolle spielt.