Quelle: U. Stanzl

Ein verfahrenes Verfahren:
der Otterstadter Deichstreit

Foto: Claus Ableiter

Die reizvolle Lage am Rhein ist für Otterstadt Fluch und Segen zugleich. Früher sorgte die Fischerei für Einnahmen, heute bietet die attraktive Umgebung am Wasser für Einwohnern und Touristen einen hohen Freizeitwert. Auf der anderen Seite schwebt jedoch schon immer die Hochwassergefahr über Otterstadt. Solide und ausreichend hohe Deiche sind deshalb lebensnotwendig.

In den Jahren 2013-2015 wurde der Rheinhauptdeich bei Otterstadt für ein 200-jährliches Hochwasser ausgelegt, ertüchtigt und erhöht. Allerdings nicht durchgehend: Auf 1,85 km zwischen Kollerstraße und Reffenthal existiert weiterhin der Deich in seiner alten Form, was natürlich eine große Schwachstelle für den Hochwasserschutz bedeutet.

Grund ist die seit 2017 laufende Klage der Ortsgemeinde (Gesamtkosten laut VG Rheinauen Stand April 2022: 170.000 Euro zzgl. der Verwaltungskosten!) sowie einiger Landwirte gegen das Vorhaben der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd. Diese will nicht den bestehenden Deich ertüchtigen, sondern einen neuen Deich bauen.

Sie beruft sich dabei auf das Bundesnaturschutzgesetz, denn auf dem alten Deich wachsen schützenswerte Pflanzen (Halbtrockenrasen und magere Flachlandmähwiesen), die durch die Bauarbeiten vernichtet würden. Eine Sodenverpflanzung, also das Abtragen der Pflanzen vor Beginn der Baumaßnahmen und Wiederanpflanzen auf dem erhöhten Deich, ist nicht gesetzeskonform und würde eventuell Klagen von Umweltverbänden nach sich ziehen.

Die Ortsgemeinde sowie die Landwirte halten dagegen, dass ein Deich entlang der neu geplanten Linie die Druckwasserproblematik vergrößern könnte. Davon wären einige Ortsteile betroffen sowie die landwirtschaftliche Fläche von ca. 15 ha, die durch den neuen und alten Deich eingekesselt wäre. Der Wert der Äcker würde sinken, da sie bei Hochwasser unter Grundwasserrückstau und Vernässung litten.

Quelle: CDU Otterstadt Vernässung der Felder bei Hochwasser
Hochwassergeschädigtes Ackerland

Auch bei diesem Thema gibt es berechtigte Argumente sowohl bei Gegnern als auch bei Befürwortern einer neuen Deichlinie.
Ist die Rücksichtnahme auf geschützte Gräser nicht unverhältnismäßig, wenn man den Schaden betrachtet, den ein neuer Deich der Landwirtschaft zufügt? Wird der Hochwasserschutz auf Kosten einer Verschlechterung des Druckwassers und des Mikroklimas umgesetzt? Oder muss man diese Nachteile in Kauf nehmen, damit eine mögliche Flutwasser-Katastrophe mit verheerenden Folgen schnellstmöglich gebannt wird?

Das Oberverwaltungsgericht in Koblenz wird nun entscheiden, ob die Pläne der SGD Süd rechtskräftig sind.

Unabhängig von dieser Entscheidung ist es dringend erforderlich, dass unter Einbeziehung aller Beteiligten ein örtliches Hochwasservorsorgekonzept erstellt wird.